Freitag, 5. November 2010

Fisch aus Wildfang: Ein knappes Gut

Liebe Gäste,

wie lange kann ich Ihnen im Jägerhof noch Fisch anbieten? Aus dem Bodensee ab dieser Woche leider keinen mehr. Aber das war ja absehbar und ist glücklicherweise nur saisonbedingt. Die Frage stellt sich mir grundlegender für den Fisch aus Wildfang: Der ist schon knapp und wird noch knapper. Viele Arten sind überfischt, ihre Bestände ernsthaft gefährdet. Zum Beispiel beim Thon, den ich schon länger nicht mehr auf der Karte habe. Der Fischratgeber des WWF Schweiz dient mir als Orientierung, welche Arten aus welchen Gewässern ich ohne Gefährdung der Bestände anbieten kann. Zur nachhaltigen Fischerei gibt es für mein Empfinden keine Alternative, wenn wir auch künftig Fisch geniessen möchten. Initiativen gibt es zwar erfreulich viele, ich befürchte aber dennoch, dass manche Fischarten bald für immer „abtauchen“ werden.

Die Entwicklung der Bestände wirkt sich längst auf den Preis aus – je knapper, desto teurer. Ein Edelfisch wie beispielsweise der Meerwolf kostet im Einkauf heute bereits mehr als Filet vom „Bio-Kalb“. Innert weniger Jahre hat sich der Preis für Meerwolf auf fast 70 Franken pro Kilo verdreifacht...

Kann Zuchtfisch eine Alternative sein? Für die Ernährung grundsätzlich ja, für ein Restaurant wie den „Jägerhof“ leider nicht. Unsere Qualitätsansprüche stehen dem entgegen, Fische aus Züchtung sind fetter, weil sie gefüttert werden und schnell wachsen sollen. Geschmacklich reichen sie nicht an einen Fisch aus Wildfang heran!

Was nicht heisst, dass jeder Fisch aus Wildfang auch genügend Anklang bei uns findet. Eine Zusammenarbeit mit „fair fish“ in Winterthur zur Unterstützung einer nachhaltigen Fischerei in Westafrika habe ich aufgegeben, weil zum Beispiel Tilapia – ein feiner Buntbarsch – zu selten gefragt war.

Ganz anders bei Steinbutt, Lachs und Zander – diese edlen Fische lassen sich viele Gäste auf der Zunge zergehen. Und das guten Gewissens, denn Ihre Bestände sind derzeit nicht gefährdet. Zum edlen Fisch empfiehlt Ihnen Frau König gern einen mindestens ebenso edlen Weiß- oder auch Rotwein.

Ich freue mich auf Ihren nächsten Besuch!

Ihre
Vreni Giger